Der Künstler Steve Miller hatte sich schon zu Beginn der neuenziger Jahre den neuen Bildern vom Menschen in den Biowissenschaften zugewandt und hatte aufgehört traditionelle Portraits zu malen. Velmehr begann Miller von Körper-fragmenten des zu Portraitierenden die DNA im Labor extrahieren zu lassen und die Chromosomen zu visualisieren und diese auf die Leinwand zu bannen, wie mit der Arbeit Genetic Portrait of lsabel Goldsmith (1993). Steve Miller ging diesen Schritt, um der Frage nach der Konstruktion von Identität, Genealogie und Geschichte in der Reflexion der eigenen Biografie im Zeitalter der Biowissenschaften nachzugehen:

In these portraits, the sitters’ identity is no longer limited to outward appearance, but viewed through medical images, such as x-ray, MRI, sonogram, EKG, and CAT scans. Rather than being a depiction, these new portraits focus on identiflcation using internal vistas and abstract symbols of medical nomenclature.

Gegenwärtig arbeitet Miller an der Viisualisierung von Proteinen in Zusammenarbeit mit dem Nobelpreisträger für Chemie Roderick MacKinnon von der Rockefeller University.

Das traditionelle Genre der Portraitmalerei, das von der Spannung zwischen Bild und Abbild lebt, wird in den hier angeführten Beispielen abgelöst von den vermeintlich objektiven Bildern der technischen Visualisierungsverfahren der Life Sciences, die nun als vera icon vorgestellt werden. Im Gegensatz zur Portraitmalerei, die nur das äussere Erscheinungsbild des Portraitierten in einer gewissen Annäherung wiedergibt, wird nun den technischen Bildern, welche die Mikrostrukturen des Inneren des Menschen in das Blickfeld führen, zugesprochen jenseits der Mechanismen der Repräsentation zu operieren und das “wahre” Bild vom Menschen zu zeigen. Künstler scheinen den technisch-apparativ oder chemisch hergestellten Bildern der Life Sciences heute eine grössere Vergegenwärtigungskraft zuzuschreiben, als den kulturellen Codes des Systems Kunst.